Arnica montana

Artikel von Hiltrud Stäblein, erschienen in der Fachzeitschrift für Heilpraktiker, 8/2008

Beschreibungen, die zeigen, wie vielfältig wirksam und wertvoll die Arnika, als Heilpflanze unserer Umgebung ist.

Arnica montana, Arnika, Johannisblume oder Bergwohlverleih wächst zur Johanniszeit heute noch beispielsweise auf den Bergen der Rhön. Ihre besonders auffällige goldgelbe bis ins orange gehende Farbe, wird von Kennern schon aus der Ferne bewundert. Ihre Heilkraft war schon vor ca. 400 Jahren bekannt. Die Arnika wurde in ganz Europa bei Muskelschmerzen, früher auch bei Ruhr und Gicht eingesetzt. Da sie heute nur noch selten wild wächst, steht sie auch unter Naturschutz.

Beschreibung: Diese Heilpflanze gehört zu den Korbblütlern.

Der Stängel wird etwa 50 - 70 cm hoch; die Blüten sitzen oben am Gipfel oder an den Astenden, stets einzeln. Vor anderen ähnlichen Pflanzen unterscheidet sich die Arnika durch den rau behaarten Stängel, auch die Blätter sind behaart und leicht eiförmig. Dieser zart aussehenden Pflanze, ist nicht anzusehen, wie robust sie ist. Wenn wir die Blüten und Blätter berühren, bemerken wir, wie fest sie sich anfühlt. Die Wurzel hat einen eigentümlichen, nicht angenehmen, aber aromatischen, würzigen Geruch. Die gelben Blüten besitzen frisch einen etwas widrigen Geruch, getrocknet riechen sie schwach balsamisch, schmecken süßlich, dumpfig, scharf, beißend, kratzend und bitter. Das über Arnikablüten abgezogene Wasser hat den Geruch nach Kamillenwasser; der wässerige Aufguss schmeckt brennend und kratzend. Das, was die Arnika uns so wertvoll macht, ist ihre hervorragende Heilkraft. Deshalb wird sie auch heute noch in der Phytotherapie, in der Homöopathie und in der Anthroposophischen Medizin eingesetzt.

Sie enthält folgende Inhaltsstoffe: Die Blüten enthalten Sesquiterpenlaktone vom Helenanolidtyp, Flavonoide wie Isoquercetin, Astragin und Luteolin -7- glucosid, weiterhin ätherisches Öl mit Thymol und Thymolderivaten, Phenolcarbonsäuren wie Chlorogensäure, Cynarin, und Kaffeesäure, Cumarine wie Unbelliferon und Scopoletin.

In einem der Kneippheftchen von 1904 stehen folgende Anwendungsmöglichkeiten:

"Die Erfahrung zeigte die Arnika als das mächtigste und heilsamste Mittel gegen alle diejenigen Zufälle, welche durch mechanische Gewalttätigkeiten, als durch Schläge, Stöße, Quetschungen, Verrenkung und dergl. hervorgehen. Bei den größeren Verwundungen durch stumpfe Werkzeuge, Kugeln u.a., bei den durch Ausziehen der Zähne und andere chirurgische Operationen veranlassten Schmerzen und Beschwerden, bei den Zufällen reponierter Frakturen (zurückgebrachter Brüche), ..., bei den Verletzungen der Haut durch Insekten (Bienen) und vielen ähnlichen Zuständen ist die Arnika unentbehrlich und meist sehr hilfreich, bei Beschwerden, die sich bei Frauen im klimatischen Alter nach dem Ausbleiben der Menses häufig einstellen und bald mit fliegender Hitze im Gesicht, Brennen an den Lippen, auf der Zunge und dergl. oder auch in anderer Form hervortreten, dient sie als ein zuverlässiges Heilmittel..."

Die Arnica wurde vor ca. 100 Jahren schon für die gleichen Beschwerden eingesetzt, wie heute: sie wirkt gegen innere und äußere Verletzungen, bei Gehirnerschütterungen, bei Hämatomen, Schwächezuständen von Gefäß - und Nervensystem, bei pektangiösen Beschwerden, Atonie und Trägheit in den Stoffwechsel dienenden Funktionen, wenn die Lebenstätigkeit zu verlöschen beginnt und allgemeines Sinken der Kräfte beobachtet wird, bei Herzrhythmusstörungen, starker Blutandrang im Kopf, Schwindel, bei leichter Lungenentzündung, bei pleuritischen Affektionen (Pleuritis = Brustfellentzündung), besonders wenn sie von Husten mit blutigem, schleimigem Auswurf, Zerschlagenheitsschmerz, geringem Fieber u. dergl. begleitet sind. Bei Rheumatismus Sie ist auch ganz vorzüglich geeignet für vernachlässigte oder fehlerhaft behandelte chronische Rheumatismen.

In der Phytotherapie eingesetzt findet sie heute Verwendung bei akuten Schwächezuständen des Herzens und Angina pectoris. Die Wirkung setzt relativ schnell ein. Außerdem lässt sich damit die koronare Herzkrankheit auf Dauer hervorragend behandeln. Bei älteren Menschen kann man diese Pflanze zur Vorbeugung einer Herzinsuffizienz einsetzen.

Cave: Als Tee angewendet, kann eine zu hohe Dosierung zu Intoxikationen mit Schwindel, Zittern, Tachykardie und Rhythmusstörungen bis zum Kollaps führen.

Homöopathisch eingesetzt hilft sie jedoch gegen Schwindel, Zittern, Tachykardie und Rhythmusstörungen sowie Kollapsneigung.

Immer wieder ist zu beobachten dass Patienten, die ihre Symptome ignorieren, leugnen, reizbar, mürrisch und ruhelos und vergesslich sind, ganz besonders gut auf Arnica ansprechen. Diese Menschen leiden auch unter Alpträume und krankhaften Phantasien, Arnica dient als Notfallmittel nach Schock, Verletzungen, Operationen, Entbindung, Zahnbehandlungen, bei Gelenkschmerzen, Fieber und einigen Hautproblemen, aber auch bei Trauerfällen. Im Lehrbuch: "Homöopathie bei akuten Erkrankungen und Notfällen", wird die Arnica als das wichtigste homöopathische Notfallmittel bezeichnet. Bei Unfall, Blutung, großer Schreck, kann Arnica lebensrettend sein. Deshalb sollte jeder Mensch immer eine Arnica C200 bei sich haben.

In der anthroposophischen Medizin wird ein enges Verhältnis zu den Wärmekräften beschrieben:( Vogel: Wege der Heilmittelfindung) "Arnica bildet aus der Wärme heraus in Blüte und Wurzel differenzierte ätherische Öle". Im Pflanzenbildeprozeß trägt die Wolfsblume den Kiesel substanziell bis in die Stängel und Blattbehaarung und in die Haarkelche im Blütenbereich.

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Die Wirksamkeit von Arnika greift stark in den venösen Blutprozess ein, der sich gegenüber dem im Bindegewebe sich abspielenden intermediären Stoffwechsel und den Flüssigkeitsprozessen isoliert. Venöse Stauung und damit in Verbindung stehende Wärmestauung sind charakteristisch für die Arnikawirksamkeit. Als Heilmittel bringt Arnika die Blutzirkulation vor allem im venösen Bereich, in Bewegung. Das Verhältnis von Wärme (Ichtätigkeit), Atmungstätigkeit (Astralleib) und Flüssigkeitsprozess (Ätherleib), wird durch Arnika wieder neu geordnet.

Bei stumpfen Traumen jeglicher Art und auch bei rheumatischen Muskel- und Gelenkerkrankungen kommt es zur Anregung des Flüssigkeitsstromes im Bereich des Bindegewebsödems und der peripheren venösen Stase; die Resorption von Hämatomen wird gefördert und die durch den Verletzungsschock oft etwas heraus gelösten höheren Wesensglieder werden wieder in eine engere Verbindung mit dem Heilungsprozess gebracht…. beispielsweise bei der Arnikasalbe……Arnika als ganze Pflanze wirkt auf den astralischen Organismus des Herzens, und zwar vor allem im Bereich des Herzbindegewebes… Die Stauung und Verhaftung des Seelischen im interstitiellen Flüssigkeitsgeschehen, vor allem im venösen Kapillarbereich, wird durch Arnika gelöst. Sie ist eine Kieselpflanze mit besonderer Beziehung zum venösen System. Zu den Herz-Kreislauf- Symptomen gehören Stenocardie und Brustbeklemmung, Pulsationen der großen Gefäße, Blutandrang im Kopf bei kaltem Körper. Psychisch liegen Zerschlagenheit, Unruhe, ja sogar Ablehnung von Hilfe vor.

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Bei Arnica planta tota ferm 33c D29, als Hochpotenz von Arnika aus der ganzen Pflanze soll über eine Anregung des Astralleibes im Wärmegeschehen des Blutes, inbesondere des venösen Systems, wirken. Hochpotenzen greifen über den Sinnesprozess in das organische Geschehen ein…. Arnika reguliert hier im Versorgungsgebiet der Hirngefäße den Flüssigkeitsaustausch zwischen Blutbahn und interstitieller Gewebsflüssigkeit jenseits der Blut- Hirn- Schranke. Die Gewebsatmung und -ernährung erfährt eine Anregung. Bei bevorstehenden arteriosklerotischen Gefäßläsionen wird einer Blutung mit vorgebeugt. CAVE: deshalb nicht mehr so schnell absetzen! Ist bereits eine Apoplexie eingetreten, so ist Arnika in Hochpotenz bei hämorrhagischen Insulten das Hauptmittel zur Wiedereingliederung des blutig durchtränkten, aus dem Lebenszusammenhalt heraus fallenden Organgebietes. Bei Hirnblutungen fördert Arnica montana die Resorption des Hämatoms. Bei den geschilderten Akutsituationen ist es wichtig, Arnika frühzeitig und zunächst in hoher Dosierung zu geben."
(Aus Wege der Heilmittelfindung, Heinz Hartmuth Vogel.)

Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis:

Man gebraucht die Arnika zur äußeren und inneren Anwendung als Tinktur, mit Wasser verdünnt; zur inneren Anwendung kann und soll jedoch auch Absud Verwendung finden. Hergestellt werden Tinktur sowohl wie Tee aus den Blüten, die im Schatten getrocknet werden sollen. Es können jedoch auch Wurzel und Blätter gebraucht werden.

Bei Herzrhythmusstörungen verwendet man beispielsweise eine Arnika- Herzauflage. Hierzu nimmt man 2 Teelöffel Tinktur auf 250 ml lauwarmes Wasser, tränkt ein Tuch aus Baumwolle darin, wringt es aus, legt es auf die Brustgegend und ein Wolltuch darüber, mindestens 20 Minuten wirken lassen.

Die Arzneimittelfirma Weleda führt Arnica als Wurzelstock mit Wurzeln als flüssige verdünnung, Arnika Rh, als Ampullen, als wässrige Verdünnung in D3 bis D30, Arnica, FlosH10 und als Arnicablütenöl, Arnica, Planta tota D3 bis D30 als flüssige Verdünnung: z. B. zur Anregung und Harmonisierung des Stoffwechsel- und Formprozesse bei Gewebs und Organschädigungen, besonders nach Mechanischen Einwirkungen und bei Störungen der Blutversorgung, z. B. Einschränkung der willkürlichen Beweglichkeit, Muskelkater, Zererungen, Angina pectoris; Herzinfarkt, Schlaganfall, gehirnerschütterung, multiple Sklerose; Spätfolgen schwerer seelischer Erlebnisse. Arnica, Planta tota 30 %; als Gelat, als Salbe, als Essenz, als Augentropfen z. B. bei Blutungen von Bindehaut, Glaskörper, Netzhaut, Prellungen des Augapfels, stumpfe Verletzungen.

Fallbeispiele:
Meine ersten sehr positiven Erfahrungen mit dieser Pflanze, machte ich als ich in einer anthroposophischen Klinik als Krankenschwester arbeitete. Eines Tages wurde für die Mittagspause, in der ich Dienst hatte, ein 72 jähriger Mann als Notfall eingeliefert. Er saß nun im Bett und lächelte mich an. Ich hatte Blutdruck und Puls gemessen und stellte fest, dass der Puls arrhythmisch war. Deshalb bekam er eine Arnika- Herzauflage. Als nach ca. einer Stunde der Arzt kam, um den Patienten genauer zu untersuchen, konnte er keinen unregelmäßigen Puls mehr feststellen. Die Herzrhythmusstörungen des Patienten sind bei seinen gesamten Krankenhausaufenthalt nicht mehr aufgetaucht.

Fallbeispiel 2:
Seit über 7 Jahren kommt immer wieder ein Junge zu mir in die Praxis Vor einiger Zeit hatte Benno, inzwischen 11 Jahre alt, ( Name geändert ) eine starke Erkältung, die nicht wieder abklingen wollte. Deshalb kam das Kind mit seiner Mutter zu mir. Er behauptete immer wieder der Mutter gegenüber, dass der Husten gar nicht so schlimm wäre, das er dagegen nichts nehmen müsste und er durchaus zur Schule könne. Aber jedes Mal wenn er hustete, höre er damit gar nicht mehr auf, berichtete die Mutter und könne dann gar nichts anderes mehr tun. Das Kind wirkte mürrisch und wollte sich beim Untersuchen nicht anfassen lassen. Benno war auch ganz berührungsempfindlich. Bei der Untersuchung konnte ich eine spastische Bronchitis feststellen. Es folgte eine Rückeneinreibung mit Arnikaöl, die der Junge auch wieder ablehnte. Das einzige das ich aus ihm heraus bekommen konnte war: "Ich bin halt so, wie der Papa." Als das Kind wieder im Wartezimmer spielt, berichtet mir die Mutter, "wie Papa ist" und beschreibt mir das Arzneimittelbild der Arnika, ohne es zu kennen. Der Junge bekam 11 Gobuli Arnica D6 in einem Glas Wasser aufgelöst und den Rest davon am nächsten Tag noch einmal stärker verdünnt. Einen Tag später ruft die Mutter an und berichtet, das Kind hustet gerade ganz stark, viel stärker als vorher. "Kann es sein, das es sich um eine homöopathische Erstverschlimmerung handelt," fragte mich die etwas erschrockene Mutter. Die Antwort war "Ja" und tatsächlich war das der letzte Hustenanfall, den das Kind hatte. Ein paar Tage später kam die Mutter mit ihrem Sohn zur Nachuntersuchung wieder. Die spastische Bronchitis war vollkommen abgeklungen. Der Junge war nun wesentlich zugänglicher, als vorher. "Jetzt hat er doch keine Antibiotika gebraucht!", berichtet die strahlende Mutter.

3. Fallbeispiel:
Notfall: "Ich habe mich hier gerade noch hoch geschleppt", berichtet mir ein 62 jähriger Mann, mit einer geröteten Gesichtsfarbe. "Ich habe grade so einen fürchterlichen stechenden Schmerz an der Schläfe und kann weder nach links, nach rechts und nach unten kann ich auch nicht schauen…und mich friert es fürchterlich." Ich untersuchte den Patienten und stellte eine Pupillenstarre fest. Andere neurologische Ausfälle hatte der Patient noch nicht. Der Blutdruck war 130 / 80, der Puls 84 und regelmäßig. Aber solche Kopfschmerzen hatte der Patient vorher noch nie. Als ich ihn ins Krankenhaus schicken wollte, meinte er so schlimm ist es bestimmt nicht. Es habe doch jeder mal Kopfschmerzen. "Mich friert es nur ganz fürchterlich." Ich rief den Notarzt und gab den Patienten eine Arnica D30. Der Patient konnte schleunigst in die Klinik gebracht werden. Hier wurde eine kleine Subarachnoidalblutung der A. cerebri diagnostiziert. Der Patient wurde erfolgreich operiert und überstand das Ereignis mit einer kleinen Schwäche in der linken Hand. Sein 7. Sinn hatte ihn zu mir gebracht und ihm das Leben gerettet. Als er Monate später noch mal bei mir anrief, um sich zu bedanken, meinte er nur, er sei sehr froh, dass er sich nicht zu Hause ins Bett gelegt hatte wegen diesen Kopfschmerzen.

Fazit: Diese Beschreibungen zeigen, wie vielfältig wirksam die Arnika als Heilpflanze unserer Umgebung ist.

Literatur:
Wege der Heilmittelfindung, von Heinz Hartmuth Vogel, 1994.
Arzneimittelverzeichnis der Firma Weleda, 2007.
Lehrbuch für Phytotherapie Fintelmann, Weiß 11. Auflage, 2006.
"Die Kneippkur" von 1904, offizielles Organ des Wörishofener Kneipp-Verbandes


© Hiltrud Stäblein, Heilpraktikerin, Wredestr. 18, 97082 Würzburg, Telefon 0931/4502143, www.naturheilpraxis-staeblein.de, info@naturheilpraxis-staeblein.de